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Politik & Gesellschaft

Chinesischer HIV-Aktivist geflohen

Staatlicher Druck zwang Wan Yanhai zur Ausreise. Chinas HIV/Aids-Politik bleibt repressiv.

Doch wieder schlechte Nachrichten aus dem Land der Mitte: Wan Yanhai, der Gründer des „Aizhixing-Institut“ hat sich in die USA abgesetzt. Weiterhin HIV-Tests bei Menschen, die für längere Zeit in China leben wollen

Wan Yanhai will eines Tages zurück

 Noch Ende April sah es so aus, als würde sich endlich etwas bewegen in China: Das Einreiseverbot für HIV-Positive wurde kurz vor Beginn der Weltausstellung aufgehoben. Kurz darauf ist die Nachrichtenlage aus dem Reich der Mitte wieder getrübt: Der bekannsteste chinesische HIV/Aids-Aktivist Wan Yanhai ist in die USA geflohen. Er und seine Organisation sollen immer heftigeren Bedrohungen durch die chinesiche Regierung ausgesetzt gewesen sein.

International bekannt wurde der Aktivist 2002, als er fast im Alleingang den Blutskandal in der Provinz Henan öffentlich gemacht hatte, indem er vertrauliche Regierungsunterlagen an die internationale Presse weitergab. Tausende chinesische Blutspender waren aufgrund mangelnder Hygiene in den industriell betriebenen Blutabnahmestellen mit HIV infiziert worden. Chinas Regierung versuchte dies zu vertuschen.

Schon 1994 hatte der ehemalige Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums Chinas erste Infohotline zu Fragen über HIV und Aids ins Leben gerufen. Zwei Jahre später gründete er das „Aizhixing-Institut“, das sich um Präventionsmaßnahmen bemüht und gegen die Diskriminierung von Positiven in China kämpft.

Das Institut stand in den letzten Monaten noch stärker als ohnehin schon unter der Beobachtung der Behörden und wurde mehrfach vorübergehend geschlossen. Auch Yanhais Privatwohnung wurde durchsucht. Er wurde von den Behörden telefonisch „geradezu verfolgt“, erklärte er gegenüber Journalisten.

Der 46-Jährige fühlte sich „ins Exil gezwungen“, hofft aber, in ein paar Jahren, wenn sich das Klima für Nichtregierungsorganisationen wie das „Aizhixing-Institut“ verbessert haben könnte, wieder in sein Heimatland zurückkehren zu können.

Bis dahin ist noch viel zu tun. Das Einreiseverbot ist zwar aufgehoben, doch Chinas Umgang mit dem Thema bleibt repressiv: Ausländer, die in China wohnen, arbeiten oder studieren wollen, müssen sich nach wie vor auf HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten wie Hepathitis und Syphilis testen lassen. Darauf hat gerade die chinesische Webseite german.china.org hingewiesen, wo sich deutsche Touristen über Chinas aktuelle Nachrichten informieren können. Die Regierung argumentiert, Ausländer seien mit großer Wahrscheinlichkeit sexuell aktiver als Einheimische. Man versuche nur die eigene Bevölkerung zu schützen.

(Paul Schulz)

Youtube-Video: Eine chinesische Aktivistin berichtet über den Blutskandal