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Politik & Gesellschaft

„Die Kirche hat Aids“

40 Vertreter der Weltreligionen trafen sich. Das Kondom ist jetzt ein bisschen ok.

„Wegen unseres Schweigens leiden Menschen. Wir müssen es aussprechen.“ Nein, das sind nicht die Worte eines hochrangigen katholischen Geistlichen – der mit den roten Lackschuhen – in Rom. Diese Worte sprach in der vergangenen Woche Mohamed Gemea, ein Vertreter des Großen Imans von Al-Azhar.

Er und 39 Vertreter der Weltreligionen hatten sich im kleinen niederländischen Ort Den Dolder bei Utrecht getroffen, um ein äußerst kritisches Thema zu erörtern: Der Umgang der Kirchen mit dem Thema HIV. Man wollte über Maßnahmen diskutieren, um Stigmatisierung und Diskriminierung von HIV-Kranken zu beenden. Eine ungewöhnliches Anliegen, mit dem sich Persönlichkeiten aus den buddhistischen, christlichen, jüdischen und muslimischen Religionsgemeinschaften sowie der Bahai, Hindus und Sikhs auseinandersetzten. Waren die Kirchen mit ihren überwiegend konservativen Ansichten bezüglich Sexualität und Beziehung aus Sicht der Präventionsexperten bislang alles andere als hilfreich. Doch mit am Tisch saßen Vertreter von UNAIDS, der EU, der World AIDS Campaign sowie von Betroffenenorganisationen, die eine mehr weltliche Sicht der Dinge schildern konnten.

„Die Kirche hat Aids“, tat Reverend Mark S. Hanson markig kund. Der Vorsitzende Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in den USA variierte damit aber nur den Slogan „Aids geht uns alle an.“ Am Ende der Konferenz wurde ein wohlklingendes Statement verabschiedet, aus dem man zumindest ein „Jein“ zum Kondom herauslesen kann, auch wenn es nicht beim Namen genannt wurde. So heißt es in dem Papier: „Um den derzeitigen Verlauf der HIV-Pandemie zu ändern, bedarf es einer ganzheitlichen Prävention, inklusive sicherer Praktiken, verfügbarer Medizin und Nahrungsergänzungen.“

Man wolle sich in Zukunft stärker am Dialog in Sachen Aids beteiligen und dabei auch stets Menschen mit HIV und Aids zu Wort kommen lassen. Auch beim Diskriminierungsabbau innerhalb der Kirchen gäbe es einiges zu tun. So wolle man stärker betonen, dass Aids einfach nur eine Krankheit, keine Sünde sei. Ein Anfang – fast 30 Jahre nach dem Ausbruch der Krankheit – ist gemacht. (cs)
Das Statement zum Treffen als PDF zum Download (engl.)
Die Presseerklärung des Treffens (engl.)