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Politik & Gesellschaft

Kolumne, Teil 3: Nicht zum Lachen

„Die Spiele mögen beginnen“, hieß es gestern bei der großen Opening-Ceremony im Kölner Stadion. Nicht ganz so groß war aber die Besucherzahl. Freunde von mir hatten schon früh Karten besorgt, deshalb hatte ich eine gute Sicht aus der dritten Reihe. Als der Einmarsch der Sportler begann, befand sich das Stadion in einem eher traurigen Zustand: Leere Ränge, die Stimmung schwappte nicht richtig über und der gut gemeinte Versuch der Franzosen, das Publikum zu einer La-Ola-Welle zu animieren, wurde wohl nicht so recht verstanden. Ein eher bemühter Start in die Spiele…

Eigentlich sollte der Einmarsch auch ein Akt der Freude und Gemeinsamkeit sein. Aber traurig waren für mich die Momente, als Schilder vieler teilnehmender Länder ohne oder mit kaum einer Handvoll Teilnehmern einmarschierten. Eine Frau hinter Kenia, drei Jungs für die Türkei, vier Israelis, fünf für das Millionenreich China, kein Mensch hinter Angola, Ghana, Lettland, und, und, und… Die Angst und Hilflosigkeit, die hinter diesen nichtvorhandenen Gesichtern meiner schwulen und lesbischen Mitmenschen zum Vorschein kommt, schmerzt mich.

Jetzt, wo ich darüber nachdenke, schreibe und die Fotos durchklicke, muss ich weinen. Ich bin wahrlich kein sonderlich pathetischer Mensch, aber der gestrige Abend hat mir mal wieder vor Augen geführt, auf welcher Insel der Glückseeligen wir auf hohem Niveau jammern. Und dann schaffen wir es noch nicht einmal, ein dämliches Stadion vollzubekommen, um alle die zu begrüßen, denen es unter teils schwierigen Bedingungen doch möglich war, hierher zu kommen. Wir sollten uns schämen!

Nach einigen kurzen Ansprachen und der Einstimmung durch das herausragend gute Rainbow-Symphony-Cologne-Orchester, kam Außenminister Westerwelle, durch Buhrufe begleitet, um das Publikum zu begrüßen. Ich bin weiß Gott kein Guidofan – weder persönlich noch politisch. Aber dass der Außenminister, aus welchen Motiven auch immer, eine internationale schwul-lesbische Sportveranstaltung eröffnet und sehr klare verurteilende Worte zu staatlichen Repressionen gegenüber Homosexuellen findet, hat den Abschlussapplaus durchaus verdient. „Keine Religion rechtfertigt Mord!“ Für uns mag er nur der schrille Guido sein, für all diese Menschen gestern, die aus Ländern mit Unterdrückung, Hass und Verfolgung kommen, war er der schwule Vizekanzler einer mächtigen Weltnation. Deutlicher hätte die Forderung nach mehr Recht und Gerechtigkeit kaum ausfallen können: „Wir fordern keine Privilegien, wir fordern Respekt.“

Am Ende erlebte der Abend doch noch seine schönen und stimmungsvollen Momente, als etwa Taylor Dayne das offizielle GayGames-Lied in Mitten gewaltiger Feuerfontainen durch das Stadion schmetterte. Und trotz Regenwetter tummelten sich Massen an erschöpften, aber zufriedenen Menschen im Anschluss in der Schaafenstrasse und feierten gemeinsam weiter. Die Spiele haben begonnen.

Euer Markus

Die Fotos von den GayGames

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Webseite der Gay Games