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Die sichere Nummer: Polizeiruf 110

Polizistin Maria Tischbier gibt Tipps, wie man sich bei homophoben Angriffen verhalten sollte

Bis zum „Tag gegen Homophobie“ am 17. Mai stellen wir euch hier im Blog Menschen, Projekte und Aktionen vor, die sich gegen Homophobie engagieren. Wir sprechen mit ihnen und lassen uns ihre Geschichten erzählen. Die sind unterschiedlich, bunt und spannend und zeigen, was für vielfältige Gesichter dieses Engagement haben kann.  

 Teil 6: Die sichere Nummer: Polizeiruf 110

Polizistin Maria Tischbier gibt Tipps, wie man sich bei homophoben Angriffen verhalten sollte

Maria Tischbier, Ansprechpartnerin für gleichgeschlechtliche Lebensweisen (Polizei Berlin)

Viele haben schon homophobe Beschimpfungen oder gar Angriffe erlebt oder von Freunden gehört, denen das passiert ist. Aber nicht immer ist einem in so einer Situation klar, wie man sich am besten verhält. Maria Tischbier ist Ansprechpartnerin für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bei der Polizei Berlin. Sie gibt Tipps, wie man reagieren und wo man Hilfe finden kann.

Ich geh auf der Straße mit meinem Freund Hand in Hand. Plötzlich pöbeln mich ein paar Jugendliche an. Wie soll ich mich jetzt verhalten?

Grundsätzlich sollte man Situationen mit Gefahrenpotenzial aus dem Weg gehen. Das Bauchgefühl sagt einem häufig bereits, dass die Situation gefährlich oder unangenehm werden könnte. Diesem Bauchgefühl sollte man folgen, sich defensiv verhalten, sich dem oder den Tätern entziehen. Das kann helfen, einen „Aufschaukelungsprozess“ zu vermeiden. Man kann Orte aufsuchen, an denen sich Menschen befinden, oder laut um Hilfe rufen.

In öffentlichen Verkehrsmitteln sollte man die Notbremse ziehen, in Bahnhöfen die Infosäule nutzen.

Übrigens bietet die Polizei Berlin auch Veranstaltungen zu Gewalt und Aggression im öffentlichen Raum an. 

Wenn ich aber direkt angegriffen werde, also auch keine Chance habe, aus dem Weg zu gehen, was kann ich tun? Wie kann ich mich wehren?

Wenn es irgendwie geht, sollte man Distanz halten. Wenn es möglich ist und umgehend Hilfe benötigt wird, unbedingt den Notruf der Polizei 110 wählen.

Außerdem ist es wichtig, laut auf sich aufmerksam zu machen. Man sollte also rufen, schreien, vielleicht haben manche eine Trillerpfeife dabei oder etwas, womit man Lärm machen kann. Wenn andere Menschen in der Nähe sind, sollte man sie ganz direkt ansprechen, sie um Hilfe bitten.

Es ist auch wichtig, den Täter laut und deutlich zu siezen. Damit signalisiere ich Distanz. Damit können auch Außenstehende verstehen, dass es sich hier nicht um einen Streit unter Bekannten handelt.

Wie kann ich eine Situation vielleicht deeskalieren, also „abschaukeln“? Gibt es da Möglichkeiten?

In jedem Fall sollte ich die Notrufnummer 110 wählen. Auch wenn ich Zeuge bin. Wenn möglich sollte man das Opfer ansprechen, nicht den Täter. Rufen Sie aus der Entfernung dem Opfer zu, dass die Polizei verständigt ist.

Man sollte nicht versuchen, den Täter festzuhalten. Merken Sie sich Fluchtrichtung und Personenbeschreibung des Täters oder der Täterin.

Es gibt Selbstverteidigungskurse, aber auch Dinge wie Reizgas oder Elektroschocker … Was ist erlaubt und was macht aus Ihrer Sicht Sinn?

Von Selbstbewaffnung raten wir grundsätzlich ab. Die Folgen der Selbstbewaffnung können sehr gefährlich sein. Weil ich eine Waffe habe, kann ich mich leicht selbst überschätzen und meide dann Gefahren nicht mehr. Außerdem kann die Waffe auch gegen mich verwendet werden. Die Erfahrungen zeigen, dass Waffen eher zur Eskalation beitragen.

Es muss ja bei Homophobie nicht erst zu einer Prügelei kommen. Oft sind es hinterhergerufene Beleidigungen und Diskriminierungen. Wann kann ich damit auch zur Polizei kommen? Oder können Sie nur helfen, wenn tatsächlich Gewalt im Spiel ist?

Körperliche Gewalt ist keine Voraussetzung für eine Anzeige bei der Polizei. Jede Beleidigung wie „Schwule Sau“ oder „ScheißlLesbe“ kann angezeigt werden. Wenn ich angespuckt werde, kann das außerdem den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen.

Generell gibt es drei Möglichkeiten, eine Anzeige zu erstatten: Über die Notrufnummer der Polizei 110, durch eine Internetanzeige oder ich gehe direkt zum nächstbesten Polizeiabschnitt.

Interview: Tim Schomann