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Willkommen in der Aidswelt

„Aidswelt“ heißt ein Abschnitt auf dem lesbisch-schwulen Stadtfest in Berlin. Irreführender Name, der eher diskriminiert als aufklärt? Unser Rollenmodell Florian bezieht Stellung.

Ein Kommentar von Florian Winkler-Ohm – Rollenmodell der Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU und HIV positiv

Florian Winkler-Ohm ist selber HIV-positiv und kritisiert die Bezeichnung Aidswelt auf dem lesbisch-schwulen Stadtfest in Berlin. (Foto: Thomas Schwarz)

Mit dem Slogan „Gleiche Rechte für Ungleiche!“ wirbt das 20. lesbisch-schwule Stadtfest in Berlin-Schöneberg. Das ist ein Slogan, den die Veranstalter selbst bei der Namensgebung ihrer einzelnen Festbereiche wohl nicht wirklich als Grundlage für ihr Handeln gewählt haben. Sicherlich werden sich die Massen von Besuchern wohl fühlen in der „Sportwelt“, der „Filmwelt“ oder gar der „Wellness- und Gesundheitswelt“. Der Bereich aber, in dem es um Aufklärung, Abbau von Diskriminierung und Informationen über HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen geht, wird mit dem plumpen und marktschreierisch wirkenden Wort „Aidswelt“ beworben.

Schlichtweg irreführend erscheint der Name, wenn man sich die Arbeit all derer anschaut, die in der Motzstraße ehrenamtlich in diesen Tagen Dienst leisten. Unpassend und diskriminierend empfinden sicherlich auch viele HIV-Infizierte den Namen, die an diesen Tagen ihre Freizeit opfern, um im Sinne des Stadtfest-Slogans Besucherinnen und Besuchern die Berührungsängste mit HIV-positiven Menschen zu nehmen.

Und wieso überhaupt kann ein HIV-Positiver nicht auch Teil einer Sport- oder einer Gesundheitswelt sein? Auf dem Straßenfest aber werden Welten nebeneinander gestellt und damit auch voneinander abgegrenzt, als würden sie sich gegenseitig ausschließen. Wir leben aber alle in EINER Welt. Eine Veranstaltung die für Akzeptanz und „Gleiche Rechte“ für alle kämpft, sollte dies auch zum Ausdruck bringen und nicht selbst unterteilen oder abgrenzen.

Die "Aidswelt" und andere "Welten" auf dem lesbisch-schwulen Stadtfest in Berlin. (Quelle: Regenbogenfonds)

Seit Jahren klären Organisationen wie die Deutsche AIDS-Hilfe mit der Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU auf, um HIV und Aids nicht „in einen Topf“ zu schmeißen. Selbst Schulklassen auf dem Land lernen heute den klaren Unterschied in Präventionsstunden und wissen, dass im 21. Jahrhundert AIDS nicht mehr im Vordergrund von HIV-Erkrankungen steht.

Den Organisatoren vom Regenbogenfonds aus der Hauptstadt scheint der Unterschied jedoch fremd. Zeit, dass dieser an einem der vielen Infostände in der Motzstraße während diesem Jahr die Aufklärung erfährt, die notwendig ist, dass mit solch irreführender Namensgebung im kommenden Jahr endlich Schluss ist.

Bleibt also zu hoffen, dass die Besucherinnen und Besucher trotz stigmatisierender Namensgebung die Motzstraße in der „Aidswelt“ und auch mich dort besuchen, sich informieren und am Ende feststellen, dass sie eigentlich in einem Bereich stehen, der falsch getauft wurde.

Wer „Gleiche Rechte für Ungleiche“ fordert, sollte diese auch erfüllen.