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Endspurt der ICH WEISS WAS ICH TU-Testwochen

Die ICH WEISS WAS ICH TU-Testwochen gehen zu ende… Und das ziemlich erfolgreich, wie der Bericht von Autor Axel Schock zeigt.

Die Republik kümmert sich um ihre Hintern. Quer durch alle 16 Bundesländer, von Augsburg über Bremen bis Erfurt, nutzen im Rahmen der IWWIT-Testwochen schwule Männer das kostenlose Angebot des STI-Schnelltests.

Rund 80 regionale Aids-Projekte, Gesundheitsämter und Szeneeinrichtungen beteiligen sich an der bislang einmaligen Test- und Beratungsaktion, die seit Anfang April bis zum 17. Mai läuft. Angeboten werden einfach zu handhabende Analabstriche, mit denen mögliche Infektionen anderer sexuell übertragbarer Krankheiten (STI), wie Tripper und Chlamydien auf einfachen und anonymen Wege festgestellt werden können.

Rund 100 dieser Abstrich-Sets brachte die Münchner AIDS-Hilfe bei ihren Testterminen im Checkpoint seit April bereits an den schwulen Mann. Die Flyer-Werbung in der Szene hatte ganz offensichtlich bestens funktioniert.

„Einige waren ursprünglich wegen einer HIV-Untersuchung zu den regulären Testterminen gekommen und haben dann die Möglichkeit des Analabstrichs gleich ebenfalls wahrgenommen“, berichtet Christopher Knoll von der Münchner AIDS-Hilfe.

Dass Mann, wenn er sexuell aktiv ist und wechselnde Partner hat, sich regelmäßig auf potentielle STI-Infektionen – insbesondere auch im Analbereich – untersuchen lassen sollte, sei vielen erst durch diese Aktion bewusst geworden. Das Testset macht die Sache einfach: Damit verschwindet man kurz auf die Toilette und kann den Abstrich mit einem kurzen Rutsch durch die Ritze selbst vornehmen. Im Checkpoint wurde praktischerweise die Gebrauchsanweisung am Ort des Geschehens gut sichtbar noch einmal platziert und auch ein praktisches Ablagebrett für die Utensilien wurde installiert.

Auch im Berliner Mann-O-Meter gab es viel zu tun. Allein im April waren rund 80 Männer eigens wegen des Abstrichs zu den regulären HIV-Testterminen des schwulen Infoladens gekommen. Projekteiter Marcus Behrens will das Angebot daher unbedingt als festen Baustein des Präventionsangebotes behalten. Im Bremer Gesundheitsamt ist man da schon weiter, denn dort ist diese Form der erweiterten Diagnostik bereits seit letzten Herbst Standard und kostenlos (was leider bislang nicht selbstverständlich ist). Dennoch haben die ICH WEISS WAS ICH TU-Testwochen für Martin Taschies von der HIV- und STI-Beratungsstelle der Hansestadt neue Erkenntnisse gebracht. „In den Beratungsgesprächen ist mir aufgefallen, dass es immer noch viele sexuell aktive Schwule gibt, die nur wenig über Hepatitis Bescheid wissen und daher auch nicht geimpft sind.“ Und auch in Sachen Anwendung der Teststicks ist Taschies um eine Erfahrung reicher: Gleitgel auf dem Wattestäbchen macht die Probe fürs Labor möglicherweise unbrauchbar. Wer gerade eben noch die Wonnen eines Ficks genossen hat, sollte nicht direkt im Anschluss daran zum Abstrich gehen…

Auch fernab der schwulen Metropolen hat die Aktion viele Männer angeregt, sich verstärkt um ihre sexuelle Gesundheit zu kümmern.

In Wiesbaden hatte man vorsorglich nur zehn Testsets bestellt und war erstaunt, wie schnell diese vergriffen waren. In Darmstadt hatte der queere Community-Verein „Vielbunt“ vor allem über Internetseiten und soziale Medien auf die ICH WEISS WAS ICH TU-Testwochen hingewiesen. Viele waren zunächst nur am HIV-Schnelltest interessiert, sagt Uschi Linn von der lokalen AIDS-Hilfe. In der Beratung motivierten sie die Männer, auch das Angebot des Abstrichs wahrzunehmen.

In Hildesheim hatte das Projekt „SVEN“ (Schwule Vielfalt in Niedersachen) mit einem eigenen Infoabend und auf ganz persönlicher Ebene in der Szene die Jungs zum Test motiviert.

Testangebote gab es auch im ländlichen Raum, wie etwa im baden-württembergischen Rottweil. Den prallen Hintern auf dem ICH WEISS WAS ICH TU-Plakat zu den Testwochen bekamen die Schwulen in der 25.000-Einwohnerstadt allerdings nicht zu sehen. Dr. Hans-Joachim Adam von der dortigen Aids- und STI-Beratung hatte auf das „plakative Motiv“ vorsorglich verzichtet – aus Rücksicht auf das heterosexuelle Klientel seiner Einrichtung, wie er sagt. Geworben wurde allerdings in den schwulen Szeneeinrichtungen, und ein halbes Dutzend schwuler Männer hatte den ersten Testtermin auch gleich wahrgenommen. Bei jedem zweiten übrigens wurden Chlamydien festgestellt. Nicht nur deshalb steht für Dr. Adam bereits fest: der Abstrich wird auch künftig im Angebot bleiben, damit sich sexual aktive Männer idealerweise einmal jährlich routinemäßig untersuchen lassen können. Nur kostenlos wird es dann wohl nicht mehr sein. Auf www.iwwit.de könne aber weiterhin Testtermine eingesehen werden.

Von Axel Schock

Freier Autor und Journalist, schreibt seit 2010 Beiträge für aidshilfe.de und magazin.hiv.