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Du Schlampe! – Gibt es ein „zu viel“ an Sexpartnern?

Mit wie vielen Männern hattest du in den vergangenen 12 Monaten Sex: 3? 15? 50? Mehr als 100? Sagt die Anzahl etwas über dich aus – und wenn ja was?

Mit wie vielen Männern hattest du in den vergangenen 12 Monaten Sex: 3? 15? 50? Mehr als 100? Sagt die Anzahl etwas über dich aus – und wenn ja was?

Was bedeutet das Wort „Schlampe“? Wir haben uns ein wenig umgehört und unter anderen folgenden Erklärungen erhalten.

„Die einen sagen Schlampe – ich sage dazu: sexuell besonders erfolgreich.“

(Jörg, 36 Jahre aus Leipzig)

„Die einen sagen Schlampe – ich sage dazu: „sexuell besonders erfolgreich“.
(Jörg, 36 Jahre aus Leipzig)

„Eine Schlampe ist für mich jemand, der jeden fickt, der nicht bei drei auf dem Baum ist.“
(Ben, 24 aus Essen)

„Wer andere eine Schlampe nennt, ist selbst nur neidisch und sexuell unbefriedigt.“
(Frank, 31 Jahre aus Berlin)

Es gab aber auch etliche Stimmen, wie die von Daniel (28 aus Bremen):
„Es steht mir nicht zu, über das Sexleben anderer zu urteilen. Das betrifft nicht nur das ‚Was man macht‘ sondern auch das ‚Mit wie vielen man’s macht‘.“

„Es steht mir nicht zu, über das Sexleben anderer zu urteilen. Das betrifft nicht nur das ‚Was man macht‘ sondern auch das ‚Mit wie vielen man’s macht‘.

Daniel (28 aus Bremen)

Wenn man die gleichen Leute fragt, ab wann man(n) denn eine Schlampe sei, sind die Befragten deutlich unsicherer in ihrer Einschätzung. Hier schwankt die Zahl zwischen 5 und 50 Sexpartner – innerhalb eines Jahres wohlgemerkt.

Und auch bei der Frage wie viele „schwule Schlampen“ es denn gebe, gingen die Meinungen in unserer nicht repräsentativen Umfrage auseinander: Mit „jeder 2. Schwule fickt nur rum“ hatte einer der Befragten eine deutliche Ansicht. Aber stimmt das? Ein Blick in die aktuelle Studie „Schwule Männer und HIV/Aids“, die von der Freien Universität Berlin durchgeführt wurde und im Frühjahr 2016 veröffentlicht wird, gibt ein anderes Bild:

Von knapp 13.500 Befragten hatten 2 Prozent (d.h. also rund 270 Männer) innerhalb der vergangenen zwölf Monate mehr als 50 verschiedene Sexpartner. Die Mehrzahl der Studienteilnehmer – nämlich 36 Prozent – hatten innerhalb des besagten Zeitraums 2 bis 5 Sexpartner. Für einen Teil unserer Befragten war ja schon 5 Sexpartner zu viel. Damit würde bei etwa 4.860 Männern die „Lebensführung als unmoralisch angesehen“ (wie Wikipedia „Schlampe“ es definiert. Interessanterweise benutzt Wikipedia diesen Begriff nur in Bezug auf Frauen …) Aber das ist natürlich nur ein Teil der Wahrheit: Die gleiche Studie stellt nämlich auch fest, dass sich mehr als 80 Prozent der Befragten eine feste Beziehung wünschen. Was heißt hier also Schlampe?

Um es auf den Punkt zu bringen: Niemand hat das Recht, einen anderen als Schlampe zu bezeichnen, nur weil er vermeintlich (zu) viele Sexpartner hat – oder weil vermutet wird, durch eine besonders hohe sexuelle Aktivität anfälliger zu sein für HIV oder andere Geschlechtskrankheiten.

Denn – direkt oder indirekt – ist die eine Behauptung oft mit der anderen verbunden. Aber auch das stimmt nicht: Denn es ist ein Fakt, dass nicht die Anzahl an Sexkontakten entscheidend ist, um sich zu infizieren. Deshalb sagen ja auch Präventionskampagnen wie ICH WEISS WAS ICH TU, dass man(n) sich mindestens einmal im Jahr auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen testen lassen sollte – ganz gleich, ob jemand im Jahr nur mit seinem Freund Sex hat oder als Single mit zwei, fünf oder mehr als zehn Partnern. Und wo? Bei diesen Teststellen zum Beispiel www.iwwit.de/teststellen oder beim Hausarzt.

Die schwule Szene ist bekanntermaßen ja nicht zimperlich, wenn es darum geht, andere zu beschimpfen: Beleidigungen wie „Du Schlampe!“ ist da nur eine von vielen. Wir halten es da mit dem eben zitierten Daniel aus Bremen, der nicht über das Sexleben Dritter urteilen wollte. Findet er doch: „Letztlich sollte sich jeder auf sich und sein Leben konzentrieren und mit sich im Reinen sein. Denn schließlich zählt nur eins: zufrieden und glücklich zu sein – ganz gleich ob mit einem oder 50 Sexpartner.“

Die schwule Szene ist bekanntermaßen ja nicht zimperlich. „Du Schlampe!“ ist da nur eine Beleidigung von vielen.