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Stolze Stimme der Queerness: LEOPOLD im Interview

Ein Gesangs-Powerhaus mit starken Messages: „Pink Rebell“ LEOPOLD erobert mit politischer und kämpferischer Musik seit einiger Zeit immer mehr Bühnen, Podcasts, und Fernsehshows. Unser Autor Michael G. Meyer hat sich mit LEOPOLD unterhalten.

Ein Gesangs-Powerhaus mit starken Messages: „Pink Rebell“ LEOPOLD erobert mit politischer und kämpferischer Musik seit einiger Zeit immer mehr Bühnen, Podcasts, und Fernsehshows. Nächstes großes Wunschziel: Der Eurovision Song Contest! Unser Autor Michael G. Meyer hat sich mit LEOPOLD unterhalten.

Deine Musik ist ungewöhnlich, vor allem Deine Stimme sticht sehr heraus aus dem Pop, den man sonst so kennt. Wie bist du zu Deiner ungewöhnlichen Stimme gekommen, war das viel Training und Unterricht?

Ich denke, die Tatsache, dass meine Stimme als ungewöhnlich angesehen wird, zeigt, wie stark wir noch in Geschlechterrollen denken. Es wird nicht erwartet, dass ein Mann auch eine höhere Stimme oder eine Frau eine tiefere Stimme haben kann. In meinem Fall ist es so, dass ich schon immer eine hohe Sprech- und Singstimme hatte, auch schon als Kind. Ich habe schon immer viel gesungen und mit meiner Stimme experimentiert und somit, bewusst und unbewusst, meine Stimme trainiert. Im Studium hatte ich auch Gesangsunterricht und so konnte sich meine Stimme weiterentwickeln.

„Dass meine Stimme als ungewöhnlich angesehen wird, zeigt, wie stark wir noch in Geschlechterrollen denken.“

Du wirst mit Dua Lipa, Lady Gaga und einigen anderen Stars verglichen, welche Vorbilder hast du selbst?

Musikalisch, künstlerisch, wie auch menschlich finde ich Prince, Janelle Monáe, Lady Gaga, David Bowie und Beyoncé wahnsinnig spannend und inspirierend. Gesanglich hat mich Aretha Franklin sehr geprägt.

Woher kommt der Name LEOPOLD?

Mein Großonkel und Urgroßvater väterlicher Seite hießen beide Leopold. Meine Eltern haben mir Leopold, neben zwei weiteren Namen, in Erinnerung an die beiden, als Vorname gegeben.

LEOPOLD steht selbstbewusst vor einem Garagentor und blickt nach unten in die Kamera.

Der Bayerische Rundfunk hat dich mal als „Queerness-Glitzertüte“ bezeichnet – was bedeutet für dich „Queerness“?

Queerness bedeutet für mich bunt, laut und stolz zu sein, die eigene Andersartigkeit zu feiern und dafür einzustehen.

Du stammst aus Würzburg, no offense, aber das ist ja nicht gerade der queerste Ort Deutschlands. Wie bist du da groß geworden und wie bist du zur Musik gekommen?

Ich bin in einem kleinen Dorf in der Nähe von Würzburg aufgewachsen. Queerness war dort natürlich nicht so präsent, wie es in einer größeren Stadt der Fall wäre. Ich habe eine tolle Familie und hatte eine sehr schöne, unbeschwerte Kindheit. Unsere Eltern haben viel für meine Geschwister und mich getan. Wir haben zu Hause immer viel und verschiedene Musik gehört. Mit ca. 8 Jahren haben mich meine Eltern bei einem Kinder- und Jugendchor im Nachbardorf angemeldet. So bin ich zur Musik in frühen Jahren gekommen.

Wie ist der private Leopold, wie trennst du Berufliches und Privates?

Schon alleine im Namen trenne ich Berufliches vom Privaten, denn Leopold ist nicht mein Erstname und ich verwende ihn nur auf der Bühne. Was das Äußere betrifft ist es so, dass ich privat eher leger herumlaufe und keine Highheels, auffallende Outfits oder Make-Up trage. Privat bin ich eher unauffällig und zuweilen auch zurückhaltend und schüchtern.

Hast du selbst schon Diskriminierungserfahrungen gemacht, etwa Hasskommentare online?

Ja, ich erhalte regelmäßig auf Social Media Hassbotschaften als Kommentare oder private Nachrichten. Auch im realen Leben werde ich häufig komisch angesehen oder öffentlicht beschimpft.

Das tut mir sehr Leid. Wie siehst du denn die Debatten in Deutschland gerade bezüglich Queerness? Zum Beispiel auch, was das Thema „trans*“ angeht, wo stehen wir da deiner Meinung nach?

In Deutschland hat sich in den letzten Jahren viel getan, auch was die Gender- und Pronomendebatte betrifft. Dennoch genießen wir als LGBTQIA+ auch hier immer noch nicht die gleichen Rechte wie cis und heterosexuelle Menschen. Außerdem erfahren wir regelmäßig Diskriminierung und Ausgrenzung. Das Selbstbestimmungsrecht, die Möglichkeit, Blut zu spenden uvm. sind alles Dinge, die teilweise schon auf den Weg gebracht wurden, aber noch nicht umgesetzt sind.

LEOPOLD steht lasziv mit Sonnenbrille und einem Oberteil in Tiger-Muster gegen eine Graffiti-Wand gelehnt.

Queerness in der Popmusik ist ja stärker präsent als früher. Wie siehst du das und wo ordnest du Dich da ein?

Das ist richtig, trotzdem könnten für meinen Geschmack in der internationalen wie auch deutschen Pop-Landschaft noch mehr queere Acts stattfinden. Ich versuche über meine Musik queere Themen aus der Nische in den Mainstream zu bringen und so Leuten zugänglicher zu machen. Meine Musik selbst ist eingängig und poppig – aber mit gewissen Ecken und Kanten.

Wie gehst du öffentlich mit deinem Look und Sex-Appeal um? Was wäre Dir zu gewagt? Was ist dir wichtig, rüberzubringen?

In erster Linie geht es darum, sich wohl zu fühlen. Wenn sich etwas nicht gut für mich anfühlt oder nicht vorteilhaft ist, mache ich es nicht oder trage es nicht. Mit meinen Outfits und Performances verfolge ich eine gewisse Ästhetik und möchte nicht vulgär wirken. Es darf anecken, soll aber gleichzeitig stilvoll und glamourös sein.

Deine Outfits sind ja sicher auch sehr sorgsam ausgesucht, hast du einen bestimmten Stil?

In erster Linie suche ich Outfits aus, die mich ansprechen und von denen ich denke, dass sie mir gut stehen könnten. Ich möchte stilvoll und elegant mit den Outfits auftreten. Dabei darf es auch gerne mal ausgefallener und extravaganter sein. Ich arbeite regelmäßig mit verschiedenen, meist auch queeren Designer*innen zusammen.

„Der ESC ist jedes Jahr. Und ich werde mich auf jeden Fall wieder bewerben.“

Du warst ja in der Auswahl für den ESC, was leider nicht geklappt hat. Bist du enttäuscht oder schon drüber hinweg?

Im ersten Moment war ich natürlich schon enttäuscht – auch, weil mein Team und ich schon länger darauf hinarbeiten. Aber ich denke, es hat vielleicht dieses Jahr einfach noch nicht sein sollen. Das Gute ist ja: Der ESC ist jedes Jahr. Und ich werde mich auf jeden Fall wieder bewerben.

Was sind deine nächsten Projekte?

Für 2022 stehen wieder viele Konzerte an und ich werde auch neue Musik veröffentlichen. Außerdem wird es einige Neuerungen geben, deshalb lasst euch überraschen. 😉

Wo kann man Dich als nächstes mal live sehen? Konzerte finden ja nun endlich wieder statt!

Ich werde wieder auf Festivals und natürlich auch auf einigen CSD- bzw. Pride-Veranstaltungen auftreten, nähere Infos dazu gebe ich bald bekannt. Wer immer auf dem Laufenden bleiben und nichts verpassen möchte kann mir gerne bei InstagramFacebookTwitterTikTok und YouTube folgen.

Von Michael G. Meyer

Michael G. Meyer lebt und arbeitet in Berlin, und schreibt über LGBTIQ-, Kultur-, Reise- und Medienthemen für verschiedene Zeitschriften und Magazine, aber auch fürs Radio.