queer muslimischer Kollektiv

Joelina vom queer-muslimischen Kollektiv Al Musawwir spricht beim CSD 2025 über trans*, migrantische und muslimische Sichtbarkeit. Die kraftvolle Rede fordert Räume für mehrfach marginalisierte queere Menschen, Schutz statt Schweigen – und Community ohne Ausgrenzung. Nie wieder still. Nie wieder unsichtbar.
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„Nie wieder still, weil wir nie wieder unsichtbar sein werden“

Stimme für die, die nicht gehört wurden

Liebe Freund*innen, liebe Verbündete, liebe Menschen,

mein Name ist Joelina, ich bin Teil eines queer-muslimischen Kollektivs.

Ich bin heute nicht allein hier. Ich spreche mit den Stimmen vieler

von denen, die nicht sprechen konnten,
von denen, die man nie hören wollte,
und von denen, die zu laut waren für eure Sicherheit.

Wir stehen hier auf dem CSD und wir stehen nicht zufällig.
Wir stehen, weil andere gefallen sind.
Wir stehen, weil wir überlebt haben.
Wir stehen, weil wir gelernt haben:

Nie wieder still.

Denn jedes Schweigen hat uns gekostet:
Wohnungen. Jobs. Familien. Freundschaften. Gesundheit. Leben.

Wir haben geschwiegen, um zu überleben.
Aber heute leben wir, um nie wieder zu schweigen.

Ich bin eine trans Frau. Eine Migrantin. Eine Muslima.
Und das sind keine Widersprüche.
Das ist meine Realität.

Und Realität verlangt Sichtbarkeit.

Räume für queeres Leben außerhalb der Norm

In unserem Kollektiv schaffen wir Räume, die draußen oft fehlen.
Räume für queere Muslim*innen. Für Schwarze, braune, trans und nichtbinäre Menschen.

Für jene, die nicht in das Bild passen, das sich die weiße Mehrheitsgesellschaft von „queer“ macht.
Oder das queere Deutschland von „uns“.

Aber wir existieren.

Wir beten. Wir feiern. Wir trauern. Wir lieben.
Und wir organisieren uns.

Denn:
Nie wieder still heißt auch:

Wir sagen, was weh tut.
Wir benennen, was fehlt.
Und wir fordern, was uns zusteht.

Wenn du uns heute auf dem CSD siehst,
siehst du nicht nur Glitzer und Fahnen.

Du siehst auch die Narben von Polizeigewalt.
Die Angst im Asylverfahren.
Die Wut über jedes Gesetz, das uns ignoriert.
Und den Schmerz über jedes Schweigen, das uns verraten hat.

Für eine Community, in der niemand vergessen wird

Ich danke der Berliner AIDS-Hilfe, dass ich heute hier auf diesem Wagen sprechen darf.

Denn genau hier auf einem Wagen, der seit Jahrzehnten für Aufklärung, Fürsorge und Empowerment kämpft muss auch unsere Sichtbarkeit stattfinden:

Von trans, von migrantisch, von muslimisch, von mehrfach marginalisierten queeren Leben.

Denn wer AIDS-Hilfe sagt, muss auch Community sagen.
Und Community bedeutet: Niemand wird vergessen. Niemand wird zurückgelassen.

Ich träume von einem CSD,
wo niemand mehr Angst haben muss, nach Hause zu gehen.

Wo trans Kinder nicht diskutiert, sondern geschützt werden.

Wo queere Räume nicht nur für manche sicher sind
sondern auch für jene, deren Lebensrealitäten oft unsichtbar bleiben:

für Migrantinnen, für Geflüchtete, für Musliminnen, für Arme, für Menschen mit Behinderung.

Denn Sichtbarkeit endet nicht da, wo es unbequem wird.

Unsere Existenz ist nicht nur Widerstand.

Sie ist Schönheit.
Sie ist Gemeinschaft.
Sie ist heilig.

In diesem Sinne:

Zärtlich im Zorn. Radikal in der Liebe.

Nie wieder still.
Nie wieder unsichtbar.

Wir sind viele. Wir sind widerständig.
Wir sind hier.

Danke.