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Politik & Gesellschaft

Wie wichtig ein starkes soziales Umfeld für die Gesundheit ist

Ein Freund, ein guter Freund. Wer ein starkes soziales Umfeld besitzt, hat nachweislich weniger psychische Probleme. Franz beweist das mit der Selbsthilfegruppe MännerXundheit eindrücklich.

Ein Freund, ein guter Freund …  Wer ein starkes soziales Umfeld besitzt, hat nachweislich weniger psychische Probleme. Franz beweist das mit der Selbsthilfegruppe MännerXundheit eindrücklich.

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Nordic Walking hält die Teilnehmer der MännerXundheit fit und schweißt sie weiter zusammen. (Foto: F. Stockmeier)

Geschäftiges Treiben herrscht in der Küche des AWO-Zentrums für Aids-Arbeit Schwaben in Augsburg. Es blubbert in den Töpfen, Teller klappern, Besteck und Gläser scheppern aneinander. Fast alle Mitglieder der Selbsthilfegruppe MännerXundheit sind da und bereiten ihr gemeinsames Essen vor. „Wenn wir kochen, ist immer am meisten los“, erklärt Franz. „Aber auch sonst wird’s bei uns nicht langweilig.“ Was das heißt, wird deutlich, wenn man sich das weitere Programm der Gruppe anschaut: Man(n) trifft sich jeden Dienstag zum Bowlen, Schwimmen, Ins-Kino-Gehen – oder eben, um gemeinsam zu kochen. Darüber hinaus macht die Gruppe regelmäßig Ausflüge nach München, zum Beispiel zum Oktoberfest oder zu interessanten Veranstaltungen und Vorträgen im SUB, dem Schwulen Kultur- und Kommunikationszentrum oder  bei weiteren Präventionseinrichtungen

Die 16 Teilnehmer – schwule HIV-positive Männer im Alter zwischen 26 und 76, mit und ohne Partner  – haben eines gemeinsam: Alle hatten sich an einem bestimmten Punkt im Leben zurückgezogen und suchen nun wieder Anschluss, allerdings in einem geschützten Rahmen. Die regelmäßigen Gruppenabende sind für die Teilnehmer so wichtig, dass 90 Prozent von ihnen regelmäßig kommen. Die Ausgangslage der Männer ist dabei vielfältig. Depressionen, Angst vor Menschenansammlungen, Zukunfts- oder Beziehungsängste: Viele wollen gar nicht erst in die Situation kommen, jemandem von sich und ihrem Status erzählen zu müssen. „Einige hatten schon verlernt, frei für sich zu leben. In der Gruppe merken sie nun, dass es auch anders geht.“

Gerade beim Essen wird es immer sehr gesellig. (Foto: F. Stockmeier)Wie wichtig soziale Kontakte sind, weiß Franz aus eigener Erfahrung. Mitte der 90er Jahre ging’s ihm richtig dreckig. Da war er schon zehn Jahre HIV-positiv, und bei ihm bildete sich das Vollbild Aids heraus: Die Helferzellen waren auf 40 abgesunken, seine Viruslast lag bei 1,8 Millionen. „Die Ärzte hatten mir noch ein Jahr gegeben“, erzählt der heute 56-Jährige. Mit der Dreierkombination kam dann die Rettung, und auch sein Lebenswillen kehrte zurück. „Ich bin eben ein Stehaufmännchen. Ich konnte nicht akzeptieren, dass das schon alles gewesen sein sollte.“ Er begann sich ehrenamtlich beim AWO-Zentrum zu engagieren. Auch sein damals neuer Partner Helmut, mit dem er heute noch zusammen ist, gab ihm Kraft.

Helmut hat  vor zwei Jahren die Gruppe MännerXundheit aufgebaut. Franz begleitet ihn, so oft es geht, und kann viel aus seiner reichen eigenen Erfahrung beitragen – und Impulse geben, wie es trotz Krise weitergehen kann. „Bevor ich mich berappelt hatte, hatte ich so ziemlich alles durch, was man als Positiver erleben kann“, so Franz. „Auch bei mir hat es gedauert, bis alle Vernarbungen verheilt waren.“

Die ehrenamtliche Arbeit in der Gruppe, die er neben seiner geringfügigen Beschäftigung als Berater für Sozial- und Rentenrecht im AWO-Zentrum leistet, verschafft ihm tiefe Befriedigung: „Ich bin gern für jemanden da – wenn ich sehe, der kann damit was anfangen.“ Auch in seiner Gruppenarbeit setzt er ganz auf praktische Hilfestellungen: „Wichtig ist, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, zum Beispiel Schwimmen gehen, Yoga machen oder Ausflüge unternehmen. So kann sich jeder der Männer das raussuchen, was für ihn machbar ist.“ Niemand wird dabei „bearbeitet“, Druck wird vermieden.

Mal rauskommen und was erleben: zum Beispiel auf dem Münchner Oktoberfest. (Foto: F. Stockmeier)Die Möglichkeit, Probleme zu besprechen, gibt es natürlich auch. Vor allem aber soll der Zugang zum Leben wieder ermöglicht werden, mit und über Aktivitäten in der Gruppe. Die Teilnehmer tauen nach und nach auf, trauen sich wieder unter die Leute. Und sie werden selber wieder aktiv, vernetzen sich untereinander.

So wie Martin*, ein recht junger Kerl, der sich total verkrochen hat, erzählt Franz. Irgendwann kam er aber doch in die Gruppe, auch wenn er sehr zurückhaltend war. Ein paar Monate später brachte er sich das erste Mal in die Gruppe ein – und das gleich mit einem richtig dreckigen Witz. Da waren erst mal alle platt. Heute ist Martin aktiv dabei. Wenn Franz ihn fragt, ob er einen anderen Teilnehmer abholen oder die Organisation für einen der gemeinsamen Ausflüge übernehmen kann, ist Martin gerne dabei. Sicher, er hat auch mal Tage, an denen er sich zurückzieht. „Aber die haben wir doch alle mal“, sagt Franz. „Wir sind da, wenn wir gefragt werden. Es ist fast so wie in einer Familie. Durch unsere regelmäßigen Treffen hat sich ein tiefes Gefühl von Vertrauen und Verständnis füreinander aufgebaut.